
Liebe Gemeinde,
ein Weiser mit Namen Chorin ging einmal über Land und sah einen Mann, der einen Johannisbrotbaum pflanzte. Er blieb bei ihm stehen und sah ihm zu und fragte: „Wann wird das Bäumchen wohl Früchte tragen?“ Der Mann erwiderte: „In 70 Jahren“. Da sprach der Weise: „Du Tor, denkst du in 70 Jahren noch zu leben und die Früchte deiner Arbeit zu genießen? Pflanze lieber einen Baum, der früher Früchte trägt, dass du dich ihrer erfreust in deinem Leben!“
Der Mann aber hatte sein Werk vollendet und sah freudig darauf und antwortete: „Rabbi, als ich zur Welt kam, da fand ich Johannisbrotbäume und aß von ihnen, ohne dass ich sie gepflanzt hatte, denn das hatten meine Väter getan. Habe ich nun genossen, wo ich nicht gearbeitet habe, so will ich einen Baum pflanzen für meine Kinder oder Enkel, dass sie davon genießen. Wir Menschen können nur bestehen, wenn einer dem anderen die Hand reicht. Siehe, ich bin ein einfacher Mann, aber wir haben ein Sprichwort: Gefährten oder Tod!“
Eine tiefe Wahrheit: Nur in der Solidarität der Generationen und ihrer langfristigen Fürsorge kann das Gemeinwohl gelingen. Wer kurzsichtig nur seinen Konsum sieht, lebt zwangsläufig auf Kosten anderer und zerstört deren Zukunft.
Das gilt für die unmittelbaren Ressourcen der Natur (der deutsche Erdüberlastungstag war schon Anfang Mai) wie auch im übertragenen Sinn. Nur, wo ich von meinem Reichtum abgebe, kann ein gerechter Ausgleich gelingen. Das gilt in der persönlichen Hilfe und Zuwendung, aber es gilt auch etwa im Blick auf die Kirchensteuer. Von meinem Beitrag profitiert ebenfalls die Rentnerin, die keine Steuern bezahlt, weil sie sowieso zu wenig bekommt und es profitieren die Kinder aus der Nachbarschaft, deren Eltern nie Kirchenmitglied geworden waren. Sie alle sollen eine lebendige Ortsgemeinde vorfinden mit tollen Orten und tollen Angeboten. Aber dass das so bleibt, ist Verantwortung jedes/r Einzelnen.
„Weigere dich nicht, dem Bedürftigen Gutes zu tun, wenn deine Hand es vermag“, ist der Monatsspruch für den Mai aus Sprüche 3,27.
Ich wünsche Ihnen und Euch eine gute Sommerzeit, freue mich auf alle Begegnungen und grüße Sie und Euch herzlich, auch im Namen von Pfarrer Kellner und aller Bevollmächtigten und Mitarbeitenden
Ihr/Euer Pfr. Reinhard Kölsch